Die Nitribitt und das Ende im Backpacker-Hotel by Die Nitribitt und das Ende im Backpacker-Hotel

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Autor:Die Nitribitt und das Ende im Backpacker-Hotel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: fhl Verlag Leipzig UG
veröffentlicht: 2017-07-10T16:00:00+00:00


Ich klickte den ›Beantworten-Button‹ und übermittelte ihm meine Anteilnahme. Vor vier Tagen hatte der arbeitlose Biologielehrer mir das erste Mal geschrieben, nachdem ich in einem Orthopädie-Forum meinen Fall geschildert und um Rat gefragt hatte. Er laborierte noch immer an einem vor drei Jahren unsachgemäß geschraubten Bruch. Und, was fast noch wichtiger war: Joachim wusste, wie es war, allein und krank herum zu liegen. Wobei bei mir, wenn ich ehrlich war, die Gefahr der ›Vereinsamung‹ nicht sehr groß war. Etliche Freunde, Bekannte und Kollegen hatten mich im Krankenhaus besucht, und auch hierher, in die Böhmische Straße würden sie bestimmt noch kommen. Aber dennoch: So ein Tag war lang, wenn man nichts zu tun hatte…

Joachim musste ein sehr altmodischer Typ sein, wenn er in seinem Alter – er war 38 – E-Mails in diesem betulichen Stil verfasste. Aber ich mochte ihn. Es hatte sich eingespielt, dass wir täglich mehrere -Mails austauschten.

Nachdem ich ihm geschrieben hatte, rief ich die Seite des Forums auf. Was eine 67-jährige Frau über die Folgen ihrer Hüftgelenk-Operation schrieb, war wirklich erschütternd.

Meine Schmerzen im Knie ließen nicht nach, so dass ich schließlich die letzte der Tabletten aus der Klinik nahm. Danach schaffte ich es gerade noch, die Pizza, die ich bestellt hatte, zu essen und mich ins Bett zu schleppen. Als Andy nach Hause kam, schlief ich schon tief und fest.

* * *

»Hast du gestern gesoffen?«, lautete seine ungerührte Frage am nächsten Morgen.

»Wie kann ich saufen, wenn jeder Gang auf Toilette eine Expedition ist? Das sind die Schmerztabletten.«

»War es wieder so schlimm?« Nun blickte Andy mich teilnehmend mit seinen strahlend grünen Augen an. Wie in den vergangenen Tagen hatte er mir das Frühstück ans Bett gebracht. Er selbst trank bloß einen Kaffee. »Vielleicht findet der Arzt ja gleich etwas.«

Um neun Uhr hatte ich einen Termin bei einer niedergelassenen Orthopädin in der Altstadt, die die Nachsorge übernehmen sollte. Andreas würde mich mit dem Auto hinbringen, allerdings nicht hinein begleiten, sondern gleich durchfahren in die Redaktion. Natürlich: Die Stadtratssitzung musste nachbereitet werden. Ich sah ihm an, wie er sich darauf freute, einen sinnlosen Antrag der PDS zum Einlass-Prozedere in das begehrte ›Grüne Gewölbe‹ in der Luft zu zerreißen. Trotz der vielen Arbeit wirkte er beneidenswert gesund, fit und wach.

Ich gab nur ein Brummen von mir und ließ mir aus dem Bett und ins Bad helfen. Meine langen, rotbraunen Haare sahen strähnig aus, das letzte Mal hatte ich sie im Krankenhaus mit Hilfe einer Schwester gewaschen. Ich hasste es, keine Kleinigkeit allein erledigen zu können. Mein Gesicht war bleich, die Augen kündeten noch immer von den Nachwirkungen der Tablette. Außerdem hatte ich in den knapp drei Wochen ohne Bewegung, mit viel zu viel ungesundem Essen, zugenommen. Ich sah grässlich aus.

* * *

»Das ist völlig normal, wenn das Kniegelenk schmerzt.« Die Ärztin betrachtete die Röntgenbilder. »Der Bruch sitzt ja direkt darunter, dann die Verklammerungen – also, kein Grund zur Sorge.«

Das Behandlungszimmer war klein, roch ein wenig muffig, und war geradezu tapeziert mit orthopädischen Schautafeln. Nachdem ich nach einer Stunde im Wartezimmer noch einmal zehn Minuten hier gesessen hatte, fühlte ich mich bestens informiert.



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